In Waldkindergärten spielt die Kommunikation eine entscheidende Rolle, besonders wenn es um den Umgang mit Konflikten und den respektvollen Austausch von Bedürfnissen geht. Ein Ansatz, der sich hier bewährt hat, ist die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Diese Methode fördert Verständnis, Empathie und die Lösung von Konflikten auf eine respektvolle Weise.

Die Grundlagen der gewaltfreien Kommunikation

Die gewaltfreie Kommunikation, auch GFK genannt, basiert auf den Grundprinzipien von Beobachtungen, Gefühlen, Bedürfnissen, und Bitten. Auch im Waldkindergarten können diese Prinzipien dazu beitragen, eine unterstützende Umgebung zu schaffen.

Beobachtungen ohne Bewertungen

Rosenberg betont die Bedeutung von objektiven Beobachtungen, ohne diese mit Bewertungen zu vermengen. Ein Elternteil könnte sagen: „Ich habe gesehen, dass du das Spielzeug genommen hast.“ Durch den Fokus auf die konkrete Beobachtung wird eine offene Kommunikation ermöglicht, ohne Schuldzuweisungen.

Gefühle als Wegweiser

Die GFK legt großen Wert auf die Identifizierung und den Ausdruck von Gefühlen. Ein begleitende Bezugsperson könnte sagen: „Ich sorge mich, wenn ich sehe, dass du traurig bist.“ Dadurch wird die emotionale Verbindung gestärkt, und das Kind fühlt sich verstanden. In einem Waldkindergartenumfeld, in dem Naturverbundenheit im Fokus steht, können positive Gefühle wie Freude über das Entdecken von Pflanzen oder Tieren betont werden.

Bedürfnisse erkennen und ausdrücken

Im Waldkindergarten haben Kinder verschiedene Bedürfnisse, sei es nach Autonomie, Verbindung zur Natur oder sozialer Interaktion. Pädagog:innen und Eltern, die die GFK anwenden, erkennen diese Bedürfnisse und können sie besser verstehen. Zum Beispiel, wenn ein Kind sich zurückzieht und alleine spielen möchte, könnte das Bedürfnis nach persönlichem Raum bestehen.

Bitten anstatt Forderungen

Statt Forderungen zu stellen, legt die GFK Wert darauf, Bitten auszudrücken. Als Bezugsperson könnten wir sagen: „Kannst du bitte den Ast zurücklegen?“ Ist dies nicht als Forderung gedacht, sondern auch ein Nein erlaubt, fördert dies eine respektvolle Kommunikation und ermutigt das Kind, aktiv am Lösungsprozess teilzunehmen. Merken wir, dass z.B. fehlende Kooperation doch etwas mit uns als Konfliktpartner macht, so können wir nochmal mit der Beobachtung, unseren Gefühlen und unseren Bedürfnissen starten.

Beispiele aus dem Alltag im Waldkindergarten

Ein typisches Szenario im Waldkindergarten könnte sein, dass zwei Kinder um dasselbe Spielzeug streiten.

Es könnte die Beobachung geschildert werden und durch die Benennung der Gefühle, wie Frustration oder Enttäuschung, wird eine emotionale Verbindung hergestellt. Die Bedürfnisse beider Kinder werden gegenseitig formuliert, zum Beispiel nach Spaß und sozialer Interaktion. So wird es leichter gegenseitig Bitten zu formulieren und empathische Lösungen zu treffen.

Für Waldkindergartenpädagog:innen sowie Waldkindergarteneltern bietet die gewaltfreie Kommunikation eine wirksame Methode, um die Beziehung zu ihren Kindern zu stärken und eine unterstützende Umgebung zu schaffen. Durch die Anwendung der GFK lernen Pädagog:innen und Eltern, auf die Bedürfnisse und Gefühle ihrer Kinder einzugehen, Konflikte auf eine respektvolle Weise zu lösen und eine positive Kommunikationskultur zu fördern.

Insgesamt trägt die gewaltfreie Kommunikation dazu bei, dass der Waldkindergarten nicht nur ein Ort des Lernens über die Natur ist, sondern auch ein Raum, in dem Kinder und Eltern gemeinsam die Prinzipien der Achtsamkeit und Empathie praktizieren können.

Exemplarisch

So oder so ähnlich könnte ein GFK-moderiertes Konfliktgespräch ablaufen:

Pädagoge: (ruhig und einfühlsam) Hallo Lisa, hallo Tom. Ich habe gerade beobachtet, dass ihr beide den gleichen Stock haben möchtet. (Beobachtung)

Lisa: Ja, ich wollte damit bauen, und Tom hat ihn genommen! (Gefühl)

Tom: Aber ich wollte auch etwas damit bauen, Lisa! (Gefühl)

Pädagoge: Verstehe, Lisa fühlt sich frustriert, weil sie den Stock gerne zum Bauen verwenden möchte, und Tom fühlt sich wahrscheinlich auch frustriert, weil er dasselbe Bedürfnis hat. (Gefühl und Bedürfnis)

Lisa: Genau! Ich will auch etwas Schönes bauen. (Bedürfnis)

Tom: Ich auch! Ich dachte, wir könnten zusammen etwas bauen. (Bedürfnis)

Pädagoge: Ah, ihr habt beide das Bedürfnis nach Kreativität und gemeinsamem Gestalten. Das ist wichtig zu wissen. Lisa, könntest du bitte Tom sagen, was genau du vorhattest zu bauen? (Bitte)

Lisa: Ich wollte eine kleine Brücke bauen, damit die Tiere darüber laufen können. (Beobachtung)

Pädagoge: Das klingt nach einer tollen Idee, Lisa. Tom, könntest du Lisa sagen, was du im Sinn hattest zu bauen? (Bitte)

Tom: Ich dachte an ein Baumhaus für die Vögel. (Beobachtung)

Pädagoge: Beide großartige Ideen! Es scheint, als hättet ihr beide kreative Vorstellungen für den Stock. Wie könntet ihr eine Lösung finden, die beiden euren Bedürfnissen gerecht wird? (Vereinbarung)

Lisa: Vielleicht könnten wir gemeinsam eine Brücke zum Baumhaus bauen? (Vorschlag)

Tom: Das klingt gut! Dann können die Tiere über die Brücke zum Baumhaus gelangen. (Zustimmung)

Pädagoge: Das klingt nach einer fantastischen Idee! Wie fühlt ihr euch jetzt? (Gefühl)

Lisa: Ich bin jetzt wirklich aufgeregt, weil wir etwas zusammen bauen können. (Gefühl)

Tom: Ich freue mich auch! (Gefühl)

Pädagoge: Das ist großartig zu hören. Ihr habt beide eure Bedürfnisse ausgedrückt und eine Lösung gefunden, die euch beiden gefällt. Jetzt könnt ihr gemeinsam an eurem Projekt arbeiten. (Ergebnis feiern)

Categories:

Comments are closed